Energiegenossenschaften in Bayern
Strom und Wärme für den Freistaat
In Bayern sind 261 regionale Stromerzeuger und Netzbetreiber genossenschaftlich organisiert. Ein Überblick.

Die Bürgerenergie Pleich-Kürnach eG aus Unterfranken - nur ein Beispiel von derzeit mehr als 260 Energiegenossenschaften in Bayern.
Wie viele Energiegenossenschaften gibt es in Bayern?
Bayern ist die Hochburg der Energiegenossenschaften in Deutschland: 261 zählte der Genossenschaftsverband Bayern zum Jahresende 2016 unter seinen 1.278 Mitgliedern. Damit liegt der Freistaat im Vergleich zu den anderen Bundesländern ganz vorne, wie eine Erhebung des Instituts für Genossenschaftswesen in Münster gezeigt hat.
Warum sind in jüngster Zeit so viele Energiegenossenschaften entstanden?
Von den 261 bayerischen Energiegenossenschaften sind mehr als 200 noch keine zehn Jahre alt. Grund für das lebhafte Gründungsgeschehen in der jüngeren Vergangenheit war zunächst die Neufassung des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2006, die den Aufbau von eGs erleichtert hat. Weiteren Anschub verliehen die Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in den Folgejahren, die attraktive Fördersätze für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien garantierten. Das motivierte viele Bürger, sich zusammenzuschließen und in entsprechende Anlagen zu investieren.
Mittlerweile haben Anpassungen am EEG die Gründungsdynamik aber wieder ausgebremst: 2016 nahm der GVB vier neue Energiegenossenschaften auf, während es 2013 noch 43 und im Spitzenjahr 2012 sogar 51 waren.
In welchen Bereichen sind die bayerischen Energiegenossenschaften aktiv?
Die bayerischen Energiegenossenschaften verfolgen vielfältige Geschäftsmodelle. Der weitaus größte Teil von ihnen ist im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien tätig. Hier dominieren die 112 Photovoltaikgenossenschaften als zahlenmäßig größte Gruppe vor Biogas- und Windgenossenschaften. Neben den Erzeugern gibt es auch Netzbetreiber, die genossenschaftlich organisiert sind. Dazu gehören 75 Versorger, die Haushalte in ihrer Region mit Wärme beliefern. Dabei kommen Pellet-Kraftwerke zum Einsatz oder es wird die Abwärme von Biogasanlagen genutzt. Ebenfalls zu den Netzbetreibern zählen 35 Elektrizitätsgenossenschaften, deren Wurzeln bis zu 100 Jahre in die Vergangenheit zurückreichen. Sie betreiben Verteilnetze und beliefern Endkunden mit Strom.
Oft überlappen sich die Geschäftsmodelle. So gibt es Versorgungsgenossenschaften, die auch selbst Strom erzeugen. Darüber hinaus bieten manche Energiegenossenschaften weitere Dienstleistungen wie zum Beispiel Beratung zu Energieeffizienz oder Energiecontracting an.
Wo gibt es im Freistaat Energiegenossenschaften?
Überall. Die meisten sind in ländlichen Regionen vertreten, wie die Überblickskarte unten zeigt. Sie verdeutlicht zudem, dass die Dichte an Energiegenossenschaften im Westen und Norden des Freistaats höher ist als im Osten. Auffällig ist, dass sich teilweise Genossenschaften mit dem gleichen Geschäftszweck in einer Region bündeln. So gibt es in Nordschwaben und im südlichen Mittelfranken viele Nahwärmegenossenschaften, während sich im Südosten die Versorger häufen.
Wissenschaftler der Leuphana Universität Lüneburg führen solche regionalen Unterschiede unter anderem darauf zurück, dass Energiegenossenschaften von der Präsenz anderer Energiegenossenschaften profitieren und funktionierende Geschäftsmodelle übernehmen. Eine Rolle spielen aber auch Sonnenscheindauer, Windverhältnisse oder die Verfügbarkeit von erforderlichen Rohstoffen wie Holz bei Wärmegenossenschaften.
Wie viele Menschen engagieren sich in bayerischen Energiegenossenschaften?
Hand in Hand mit der Zunahme der Energiegenossenschaften ist in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Mitglieder enorm gewachsen. Waren es zum Jahresende 2010 mehr als 13.000, zählte der GVB sechs Jahre später bereits über 39.000 Anteilseigner. Mehr als 90 Prozent davon sind nach Angaben des DGRV Privatpersonen. Umfragen zufolge engagieren sich viele von ihnen primär aus ideellen Gründen. Sie sehen sich als Eigentümer „ihrer“ Genossenschaft und üben Mitwirkungs- und Kontrollrechte sehr bewusst aus.
Wie bedeutend sind die Energiegenossenschaften für den Freistaat?
Energiegenossenschaften leisten einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung und zum Gelingen der von den Bürgern getragenen Energiewende. Das zeigen nicht nur die stark gestiegenen Mitgliedszahlen, sondern auch die wirtschaftlichen Kennzahlen: Seit 2011 investierten sie mehr als 170 Millionen Euro in eine dezentrale Energieerzeugung im Freistaat. Der Jahresumsatz belief sich 2016 auf mehr als 435 Millionen Euro, wobei die traditionellen Energieversorgungsgenossenschaften daran den mit Abstand größten Anteil hatten.