EZB-Kauf von Kreditverbriefungen
Risiko ABS
Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft Kreditverbriefungen (ABS), um gegen die niedrige Inflation zu kämpfen und die Wirtschaft anzukurbeln. Hans-Peter Burghof, Professor am Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, ist das neue Wertpapierkaufprogramm der Zentralbank ein Dorn im Auge. Im Interview mit "Profil - das bayerische Genossenschaftsblatt" erklärt er seine Kritikpunkte.
Neubau der EZB-Zentrale in Frankfurt am Main. Foto: Panthermedia
Profil: Herr Burghof, was sind Ihre Hauptkritikpunkte am EZB-Ankaufprogramm für Kreditverbriefungen?
Hans-Peter Burghof: Das Ankaufprogramm der EZB ist Teil ihrer Politik des billigen Geldes. Für einige Länder wie etwa Deutschland ist das Geld aber heute schon zu billig. Der Niedrigzins verführt zu Fehlinvestitionen und zerstört die Anreize zur privaten Vorsorge. Den anderen Ländern hilft er nur wenig, da sie primär mit strukturellen Problemen und nicht mit zu teuren Krediten zu kämpfen haben. Und wie viele andere Maßnahmen der EZB kommt auch der Ankauf von Kreditverbriefungen vor allem den Großbanken zu Gute, die über ausreichende Volumina verfügen und denen eine solide Einlagenbasis fehlt. Damit werden diese, durchaus beabsichtigt, zum Durchlauferhitzer für Zentralbankgeld. Leider verstärken sich mit dieser impliziten Subventionierung der Großbanken und der zunehmenden regulatorischen Belastung auch der kleinen Institute die Ungleichgewichte in der Größenstruktur der europäischen Bankensysteme, die eine verstärkende Rolle in der Finanzkrise gespielt haben.
Profil: Können die Großbanken die EZB überhaupt neutral beraten und die ABS-Papiere neutral bewerten?
Burghof: Eine Bewertung ist nie neutral. Sie verfolgt immer einen bestimmten Zweck. Das mussten in der Finanzkrise viele europäische Banken lernen, die sich auf Beratung und Bewertung durch genau die Institute verlassen haben, die jetzt offenbar von der EZB beauftragt werden sollen. Den Teams, die hier beraten und verkauft haben, war es egal, ob sie dem Kunden oder der Reputation der eigenen Bank schweren Schaden zufügten. Entscheidend war nur der kurzfristige Gewinn. Ob das diesmal anders sein wird? Ich vermute eher, dass auch die EZB erfahren wird, dass man von Geschäften, die man nicht aus eigener Kompetenz durchführen kann, angesichts solcher „Dienstleister“ besser die Finger lässt.
Profil: Überschreitet die EZB damit ihr Mandat und wird zur spekulativ agierenden Investmentbank?
Burghof: Man kann das sehr vornehm ausdrücken: Die EZB übernimmt damit einen immer größeren Anteil des Intermediationsrisikos der Eurozone. Tatsächlich ist es aber genau dies: Immer mehr europäische Kreditrisiken landen bei der EZB und damit indirekt beim Steuerzahler. Der Anreiz, ein solches System zu missbrauchen, ist gewaltig.
Lesen Sie das Interview mit Hans-Peter Burghof in der November-Ausgabe von "Profil - das bayerische Genossenschaftsblatt".